Lange Zeit war es nur die Schulter, die knirscht und manchmal schmerzt, wenn ich sie mal wieder zu stark belastet habe. Aber seit einigen Monaten habe ich morgens auch immer mal wieder Schmerzen im linken Knie. Wenn ich aufstehe, ist es dann ein richtig fieser Schmerz innerhalb des Knies, als wenn jemand ein Stückchen Schmirgelpapier darin vergessen hätte. Nicht jeden Morgen und meist auch nicht sonderlich stark, aber so ein bis zwei Mal die Woche habe ich wirklich Schwierigkeiten morgens in gewohntem Tempo aus dem Bett zu kommen. Wann es genau auftritt und wann nicht, habe ich noch nicht herausgefunden, aber deshalb schreibe ich ja dieses Krankheitstagebuch – vielleicht ergibt sich ja ein Muster.
Besonders schlimm war es allerdings im September.
Mein Mann hatte sich eine Woche frei genommen und wir sind endlich mal wieder zusammen für einige Tage in Urlaub gefahren. Ich hatte vorher noch eben den Garten fertig gemacht und freute mich sehr auf ein paar Tage allein mit Dieter. Wir waren im Salzburger Land. Die Landschaft war herrlich, das Wetter gut und eigentlich war alles, wie man sich einen Urlaub im Herbst vorstellt, einfach perfekt um zu wandern. Wir hatten uns einige nette Touren heraus gesucht, mit einigen schwierigen Tagesstrecken, die wir aber als geübte Wanderer locker geschafft hätten.
Zum Glück sind wir mit dem Auto gefahren, denn letztendlich haben wir fast jeden Tag im Auto verbracht, weil ich einfach nicht richtig laufen konnte. Es hatte schon angefangen, als wir am Samstagabend in Salzburg ankamen – dort wollten wir bis Dienstag früh bleiben und dann weiter ins Salzkammergut fahren um zu wandern.
Gleich beim Aussteigen konnte ich das Bein nicht vernünftig strecken und jeder einzelne Schritt tat weh. Ich habe mich gleich in den Gastraum der Pension gesetzt, mein Mann hat sich um die Formalitäten und das Gepäck gekümmert. Für den Abend hatten wir zum Glück nichts geplant – ich bin auf unser Zimmer gehinkt und habe mich gleich hingelegt. Als Dieter mit dem Essen kam, hatte er vom Pensionsbesitzer eine heiße Wärmflasche, einige Tücher und eine Schüssel mit einer merkwürdig aussehenden lauwarmen Masse in die Hand gedrückt bekommen. Die sollte ich auf das Knie schmieren und mit den Tüchern bedecken. Mir war in dem Moment völlig egal was es war – das Knie hat mir derart die Laune verdorben, dass ich es am liebsten einfach ausgebaut und weggeworfen hätte – ich hätte alles getan um das Knie wieder bewegen zu können. Also den Brei auf das Knie, Tücher drüber und das ganze Konstrukt habe ich dann auf der Wärmflasche gelagert.
Am nächsten Morgen war das Knie fast wieder in Ordnung, die ersten Schritte waren noch etwas unangenehm und ich hatte einen kräftigen Ausschlag am Knie. Aber der war mir an dem Morgen sehr viel lieber als die Schmerzen vom Vorabend. Beim Frühstücken hat mir der Pensionsinhaber dann auch verraten was ich mir da auf die Haut geschmiert hatte: Einen Brei aus Brennesselsamen. Er hat selber Arthrose und bei ihm wirke es zusammen mit der Wärmflasche Wunder.
Im Laufe des Tages juckte der Ausschlag ganz fürchterlich, aber zumindest funktionierte das Knie soweit, dass ich mit Dieter einen Stadtbummel machen konnte.
Gleich morgens sind wir auf die Festung spaziert und haben diesen herrlichen Blick genossen. Nach zwei Stunden sind wir aber wieder runter in die Stadt gefahren weil es zu voll und heiß wurde. Den Rest des Tages haben wir damit verbracht die beiden Mozart-Häuser zu besuchen und haben uns von einem Cafè zum nächsten gehangelt. Die Stadt war – wie nicht anders zu erwarten – von Mozartklängen getränkt, an jeder Ecke spielte ein anderer Musikant oder eine kleine Gruppe, es war herrlich. Am Spätnachmittag, nachdem wir den Dom besichtigt hatten, fing nur leider das Knie wieder an zu schmerzen. Ich habe ein paar Aspirin genommen und wir haben ein Taxi zurück in die Pension genommen.
Den Abend haben wir im Restaurant am Flughafen verbracht, im Hangar 7. Das Essen war toll zubereitet und Dieter hat den ganzen Abend über die Flugzeuge im Hangar erzählt – ich glaube er würde sich gern in einen der alten Kampfjets setzen und einen Flug wagen. Während des Essens haben wir dann beschlossen nicht mehr wandern zu gehen. Mit dem Knie war es mir einfach zu unsicher, ich konnte einfach keine langen Strecken mit meinem Knie laufen, schon gar nicht mit Steigungen. In der Stadt ein paar Stunden schlendern ging – aber vernünftig wandern, keine Chance.
Zurück in der Pension haben wir mit dem Wirt gesprochen, wir konnten die Buchung zumindest noch bis Donnerstag verlängern und haben dann den Wanderurlaub in einen Autourlaub gewandelt. Für die anderen Unterkünfte mussten wir zum Glück keine Stornierungskosten zahlen. Also haben wir an den restlichen Tagen das Salzburger Land mit seinen vielen Seen, Kirchen und sonstigen Attraktionen mit dem Auto erkundet.
Gegen meine Überzeugung habe ich noch einige Male Aspirin genommen, ich wollte zumindest noch ein wenig von unserem Urlaub haben. Bei einem Kollegen von Dieter habe ich erlebt, was die dauerhafte Einnahme von Schmerztabletten bewirken kann – ihm wurde vor einigen Monaten ein Teil seines Magens entfernt, weil er durch die ständige Einnahme von Schmerzmitteln Magengeschwüre und -bluten bekommen hatte. Aber durch das Aspirin konnte ich jedenfalls mit Dieter auf unseren Touren zwischendurch immer wieder Spaziergänge machen und die Treppenstufen der Kirchen überwinden. Wir waren unter der Woche auch ein zweites Mal auf der Festung um in Ruhe die Ausstellungen zu besuchen.
Dieser Mix von vielen kleinen Spaziergängen und den Autofahrten hat meinem Knie offenbar recht gut getan, die Schmerzen sind zwar nicht völlig verschwunden, aber nicht mehr so stark wie direkt bei der Ankunft. Das Knie hat auch nicht mehr dauerhaft geschmerzt.
Auf die Wärmflasche habe ich noch einige Male zurückgegriffen, aber den Brennesselbrei habe ich kein zweites Mal auf das Knie geschmiert. Und auch die anderen Hausmittelchen von unserem – ansonsten sehr sehr netten – Wirt habe ich lieber nicht mehr ausprobiert. Er hatte noch Weidenrindentee und Hagebutten-Gelee da. Es war sicher alles gut gemeint, aber nach meiner Erfahrung mit dem Brei habe ich lieber verzichtet. Der Ausschlag juckte noch die ganze Woche und ganz verschwunden ist er erst, als ich schon wieder einige Tage in Berlin war.
Am Donnerstag ist Dieter dann mit dem Auto nach München gefahren, er konnte noch einen Kundentermin dort in die Rückfahrt integrieren, und ich bin geflogen – nochmal diese vielen Stunden auf der Autobahn, das musste nicht sein. Seit ich wieder in Berlin bin, treten zwar manchmal die morgendlichen Gelenkschmerzen auf, als wenn ich Schmirgelpapier im Gelenk hätte, aber ich kann mich zumindest nach einer Weile wieder bewegen. So schlimm wie in Salzburg hatte ich es seitdem nicht wieder.
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